BZ – 24. Januar 2014 – Tina Uhlmann
“Shanghai Patterns” in Bern: Die live umgesetzten Reiseeindrücke von Tänzerin Ania Losinger und Schlagwerker Mats Eser rissen das Publikum im Progr zu stehenden Ovationen hin.
Vollkommenheit. Dieses Wort beschreibt, was am Mittwoch anlässlich der zweiten von drei CD-Taufen in der ausverkauften Turnhalle des ProgrBern zu erleben war: eine Frau, ein Mann und ihr Gesamtkunstwerk. so rund wie das “o” in “vollkommen”; so weich ineinanderfliessend wie die beiden “mm”; so streng parallel wie die beiden “ll”; so heiter wie der offene, optimistische Schluss des Wortes “heit”.
Als der letzte Ton verklungen war, blieb es einen Moment still. Das Staunen gehört dazu, wenn man Ania Losinger auf dem Xala, ihrem selbst entwickelten Bodenxylophon, tanzen sieht, umspielt von Tonkaskaden, die Mats Eser von der Marimba springen wie Bergbäche oder das Rauschen des Verkehrs in der Grossstadt. Dann brach der Applaus los.
Spanien trifft Asien
“Shanghai Patterns”, die CD, welche an diesem Abend getauft wurde, verarbeitet die Eindrücke, die Losinger und Eser in der chinesischen Metropole während der Weltaustellung 2010 gewonnen haben. Eigens für den Auftritt im spanischen Pavillion wurde damals das Xala III kreirt, die ausgeklügeltste Variante des betanzbaren Instruments – erstmals auch zerlegbar und transportabel. Losingers Choreografie darauf errinert denn auch eher an Tai-Chi als an Flamenco, wie sie ihn früher tanzte:Konzentriert, meditativ, harmoniebedacht führt sie diese aus.
Schritt zur Elektronik
Mangelhafte Bühnenböden gaben einst den Anstoss zur entwicklung einer eigenen Unterlage. Xala I war ein perfekter Tanzboden aus klingenden Hohlhölzern, Xala II ermöglichte nebst rhytmischer Klangerzeugung bereits ein grosses Spektrum an Tonhöhen und -qualitäten. Auf dem Xala III nun löst Losinger mit dem hörbareb Schleifen und Klacken ihrer Tanzschuhe auch noch elektronische Impulse aus, die sich nahtlos in Esers Tonspur fügen – oder aber sie kontrastreich akzentuieren.
Es scheint, dass die beiden ihre künstlerische Vision nun gänzlich umgesetzt haben. Was kann da noch kommen? Erst einmal eine weitere CD-Taufe: Nach “Fú” und “Shanghai Patterns” wird im Frühling “Scope”, der dritte Teil der Trilogie, in den Vidmarhallen auf die Bühne gebracht. Erst damit werden die klingenden Forschungsergebnisse des Künstlerpaars vollständig zugänglich sein.